Das innere Wohlbefinden als entscheidender Bestandteil von Unternehmenskulturen

Immer noch herrschen Unsicherheit, Hilflosigkeit und Angst rund um das Thema Psychische Krankheiten. Bereits im Februar haben wir uns im Rahmen des in Kooperation mit *tbd viertel­jähr­lich stattfindenden HR-Frühstück des Themas angenommen (Hier geht’s zum Blogbeitrag „Wie gehe ich als Persona­ler*in mit Mitarbeiter*innen um, die psychisch erkrankt sind?“). Arbeitgeber*innen sollten der Thematik „inneres Wohlbefinden“ mehr Aufmerksamkeit schenken und sie in ihre Unternehmenskultur integrieren, um das Risiko zu verringern, dass Arbeitnehmer*innen im sozialen Sektor überhaupt erst erkranken. Diverse Studien haben bereits den Zusammenhang von Arbeit und psychischer Gesundheit untersucht. 2010 wurden 10.000 Arbeitnehmer*innen aus dem sozialen Sektor für eine Studie befragt. Signifikantestes Ergebnis: Knapp 90% der Befragten sehen Burnouts als Hauptgrund dafür an, dass Arbeitnehmer*innen den sozialen Sektor verlassen. Knapp 70% empfanden berufsbedingten Stress. Ein weit verbreiteter Gedankenansatz im sozialen Sektor „Gute Arbeit bedeutet sich für die Arbeit zu opfern“ hat zu einer Arbeitskultur geführt, die von Überarbeitung und Überwältigung geprägt ist.

Unsere Kollegin Carolin Kaufmann hat für ihren Blogbeitrag die wichtigsten Erkenntnisse des Projektes „Wellbeing Inspires Welldoing: How Changemakers’ Inner Wellbeing Influences Their Work“ von Jeff Severns Guntzel und Nora Murphy Johnson zusammengetragen.

Das Wellbeing-Project

Um den Einfluss von innerem Wohlbefinden auf verschiedene Arten von Beziehungen und auch auf die Arbeit zu untersuchen, wurde das Wellbeing-Project ins Leben gerufen. Wegweisend hierfür war die Annahme, dass „eine gesunde Beziehung zu sich selbst unerlässlich ist, um Beziehungen mit anderen aufrecht zu erhalten und dass sie beeinflusst, wie wir uns mit unserer Arbeit identifizieren“.

Im Laufe des Projektes wurden Changemaker*innen aus 45 Ländern sechs Monate bei ihrer Reise zu ihrem inneren Wohlbefinden begleitet, angeleitet, beobachtet und unterstützt. Heraus kamen spannende Ergebnisse, die sich jede*r Arbeitgeber*in und jede* Arbeitnehmer*in zu Herzen nehmen sollte.

75% der Projektteilnehmer*innen empfanden es als sehr wichtig, ihr inneres Wohlbefinden zu beachten. Jedoch gaben nur 25% an, dies auch in hohem Maße zu tun. Eine mögliche Erklärung für diese Diskrepanz ist die Tatsache, dass es für Changemaker*innen schwer ist, sich von ihrer Arbeit zu distanzieren. Das hat damit zu tun, dass ihre persönliche Identität eng mit ihrer Rolle in der Arbeit verknüpft ist und sie das eigene Wohlbefinden hinter das der Anderen stellen.

Auswirkungen der Verankerung von innerem Wohlbefinden in der Unternehmenskultur

Changemaker*innen, die in Unternehmen tätig sind, die das innere Wohlbefinden als stetige Reise in ihrer Unternehmenskultur verankert haben, fühlen sich wohler. Daraus resultieren wiederum:

  • ein höheres Selbstbewusstsein
  • Klarheit über die individuelle Lebenszieldefinierung
  • Bewusstsein und eine klarere Abgrenzung von privaten und beruflichen Bedürfnissen
  • und ein besserer Umgang mit privaten und beruflichen Konflikten.

Die Vorteile der Integration des inneren Wohlbefindens in die Unternehmenskultur liegen ganz klar auf der Hand: Mitarbeiter*innen erleben

  • weniger Stress, sowohl im Berufs- als auch Privatleben
  • eine steigende Positivität und Produktivität
  • mehr Kreativität
  • eine höhere Einsatzbereitschaft
  • persönliches und professionelles Wachstum.

Die Reise zum inneren Wohlbefinden

Das innere Wohlbefinden ist kein Zustand, der nach einer gewissen Zeit erreicht wird. Vielmehr ist es  eine kontinuierliche Reise zu innerer Ganzheitlichkeit und Verbundenheit. Diese Reise beginnt mit einem klaren Bekenntnis. Ein Bekenntnis dazu, Erfahrungen und Emotionen zuzulassen und sich auf diese Reise zu begeben. Darauf folgen immer weitere „Ja´s“. Ja zum Auf-sich-selbst-vertrauen, ja zum Vertrauen in andere und vor allem ein klares Bekenntnis dazu dranzubleiben und diese Reise weiterzugehen, auch wenn es schmerzvolle Phasen geben kann.

Verschiedene Wege auf der großen Reise

Bei dieser Reise ist jede*r für sich selbst gefragt, den für sich passenden Weg dieser Reise zu finden. Genau wie jeder Mensch unterschiedliche Stärken und Schwächen hat, gibt es für jeden Menschen den ganz eigenen Weg diese Reise. Viele finden auf ihrer Reise Unterstützung durch

  • Sport
  • Zeit mit der Familie
  • Zeit ohne die Familie
  • Meditation
  • Zeit in der Natur
  • den Besuch eines Therapeuten.

Egal, welchen Weg man einschlägt und welche Art von Unterstützung man braucht, einfordert und nutzt: Es ist wichtig, auf den eigenen Körper zu hören und Warnsignale wahrzunehmen. Der wichtigste Schritt zu einem besseren Wohlbefinden ist es zu lernen, sich als Ganzes zu akzeptieren. Man selbst ist zu jedem Zeitpunkt gut genug mit all den eigenen Stärken und Schwächen.

Wie sich die Achtsamkeit auf das innere Wohlbefinden auf Beziehungen auswirken kann

Beziehungen werden sich auf verschiedenste Weisen ändern. Auf persönlicher Ebene ergeben sich folgende Veränderungen:

  • Man wir achtsamer hinsichtlich des eigenen Wohlbefindens
  • Man lernt, sich selbst zu priorisieren
  • Und man löst sich von Ängsten, Wut, Scham oder auch Selbstverurteilung.

Die Beziehungen zu den Mitmenschen werden sich aufgrund von mehr Vertrauen auch verändern, indem über die professionelle Basis hinaus auch emotionale Beziehungen entstehen. Positive Folgen hieraus sind tiefgründigere Gespräche, die Fähigkeit besser zuzuhören sowie allgemein ruhiger, flexibler und offener zu sein.

Wir bei Talents4Good finden, dass Führungskräfte einen Führungsstil vorleben sollten, bei dem sie zeigen, dass sie in ihre Mitmenschen und sich selbst vertrauen und sie auf ihr eigenes inneres Wohlbefinden achtgeben. Führungskräfte sollten außerdem vorleben, dass auch sie in der Lage sind geführt zu werden, indem sie Kritik und Anweisungen (auch von Mitarbeitenden) annehmen, befolgen und diesen vertrauen. Nur so kann das innere Wohlbefinden fest in der Unternehmenskultur verankert werden. Wenn dies gelungen ist, sind Organisationen wirklich gut aufgestellt, Stress und psychischen Erkrankungen von Mitarbeiter*innen vorzubeugen.

 

Quelle: Severns Guntzel, J. & Murphy Johnson, N. 2020. Wellbeing Inspires Welldoing: How Changemakers’ Inner Wellbeing Influences Their Work [Report].Retrieved from bit.ly/TWPreport2020